© Marcus Schwier
Kapelle, Konzertsaal, Büchermagazin

Die Geschichte der Schlosskapelle in Bildern

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Nach einer langen Phase der Umnutzung als Büchermagazin, Leerstand und dreijähriger Restaurierung kann die Schlosskapelle im Weimarer Stadtschloss wieder besucht werden. Mit seiner reichen Ausmalung von 1867 und Leuchtern aus der Pawlowna-Zeit ist das Raumkunstwerk seit April 2023 nach 60 Jahren wieder erlebbar.

Blick nach Süden in die Apsis der Schlosskapelle während und nach der Restaurierung, Fotos: © Marcus Schwier | © Roland Rossner  

Die Anfänge der Schlosskapelle

In einem langen Planungs- und Bauprozess von 1806 bis 1847 wurde die Schlosskapelle im Weimarer Residenzschloss erbaut. Sowohl der Architekt Clemens Wenzeslaus Coudray (1775-1845) als auch der Nachfolger Baurat Heinrich Heß (1794-1865) fertigten Planungen für die Kapelle an. Auf Initiative Maria Pawlownas (1786-1859) und unter Leitung des Erbgroßherzogs Carl Alexander (1818-1901) und des Baurats Heinrich Heß entstand ab 1844 die Kapelle in neoromanischem Stil.

Die Schlosskapelle wird in einem langen Planungs- und Bauprozess von 1806 bis 1847 erbaut. Dieses Bild ist vor 1867 entstanden. © Klassik Stiftung Weimar

Der zweigeschossige Raum auf fast quadratischem Grundriss wird dreiseitig von Arkaden umgeben. Die raumhohe Apsis befindet sich an der Südwand. Geweiht wurde die Kapelle am Palmsonntag 1847. Die Gestaltung und Ausstattung des Kapellenraumes war ursprünglich sehr schlicht – die Wände ohne ornamentale Ausmalung, nur der heute noch erhaltene Fußboden ist kontrastreich rot-weiß gefeldert.

Farbige Ausgestaltung und Engelskonzert

Eine farbige Gestaltung des Raumes erfolgte vermutlich 1867, als Hermann Wislicenus (1825-1899) den oberen Abschluss der Apsis mit dem Gemälde eines Engelskonzerts ausmalte. Dieses Gemälde war ein Geschenk der Damen der Weimarer Bürgerschaft zur Silberhochzeit des Großherzogspaares Carl Alexander und Sophie. Diese Fassungsschicht ist die Grundlage der heutigen Restaurierungsmaßnahme.

[1] 1867 wird die Schlosskapelle umgestaltet. Die Aufnahme ist von 1913, Foto: Louis Held

[2] Der Entwurf für die Apsis-Ausmalung von Hermann Wislicenus, 1866. Foto: Eberhard Renno, © Klassik Stiftung Weimar

Entstehung der Bachstätte

Nach einer 100-jährigen Nutzung als Kapelle wurde die sakrale Ausstattung des Raumes 1948 mit der Enteignung der ehemaligen Fürstenhäuser in Thüringen ausgelagert und ist heute nicht mehr vollständig vorhanden. Anschließend wurde der Raum 1950 anlässlich des 200. Todestages von Johann Sebastian Bach zu einem Konzertsaal, der sogenannten Bachstätte, neu gestaltet. Hierbei wurden die Apsiskalotte und die lateinische Inschrift baulich verkleidet.

Ergänzend hierzu muss festgehalten werden, dass Bach selbst nicht in der heute erhaltenen Schlosskapelle im Westflügel des Residenzschlosses wirkte, sondern in der ehemaligen Hofkapelle, der sogenannten Himmelsburg, im ehemaligen Ostflügel der 1774 abgebrannten Wilhelmsburg.

Kapellenraum als Büchermagazin

1962 erklang das letzte Konzert, daraufhin wurden Planungen zur Umnutzung des Kapellenraumes als Büchermagazin aufgenommen. Danach erfolgte eine tiefgreifende Veränderung mit starkem Substanzverlust, als in die Kapelle ein viergeschossiges Stahlgerüst zur Lagerung von Büchern, ein Bücheraufzug in der Nordwand und eine Treppenanlage in der Apsis eingebaut wurden. Seit 1964 diente der Raum als Büchermagazin der heutigen Herzogin Anna Amalia Bibliothek, welche damals noch zu den Nationalen Forschungs-und Gedenkstätten der klassischen deutschen Literatur gehörte.

Nachdem 2004 das Tiefenmagazin der Bibliothek in Betrieb genommen wurde, zogen die Buchbestände um. Seitdem war der Raum ungenutzt und es begannen die ersten Überlegungen zur Restaurierung der Schlosskapelle, um diese wieder als Raum erlebbar und für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Restaurierung seit 2019

Erste vorbereitende Planungen und Arbeiten erfolgten zwischen 2010 und 2012. Nach einer großzügigen privaten Spende im Jahre 2018 konnten mit Hilfe der Deutschen Stiftung Denkmalschutz die Planungen und Arbeiten ab 2019 wiederaufgenommen werden.

Bestandteil der Restaurierungsmaßnahme 2020 bis Anfang 2023 war der Ausbau der Stahlkonstruktion, die Freilegung der reich ornamentierten Fassung von 1867, die Ergänzung der verlorenen Türen, der Emporengeländer und der Podeste sowie der Einbau einer Temperierung, einer neuen Elektrifizierung und einer Brandmeldeanlage.

Die Nordseite der Schlosskapelle während und nach der Sanierung. Auf dem Bild links kann man die Spuren des Bücheraufzugs während der Nutzung der Kapelle als Büchermagazin erkennen. Fotos: © Marcus Schwier | © Hannes Bertram

2 Kommentare

  • Jürgen Brepohl 26. Juni 2023
    Mich beeindruckt es sehr, dass die historische Substanz so weitgehend wieder hervorgekehrt werden konnte. Es entsprach dem damaligen Zeitgeist, Architekturzeignisse des 19.Jh.s. nicht so hoch zu schätzen, denke ich. Anlässlich der Bachfeiern 1950 schnell mal einen Bachsaal "hervorzuzaubern" erfolgte sicherlich relativ spontan. Es ist gut, dass der ursprüngliche Zustand so weitgehend wieder hergestellt werden konnte.
  • Ulrich Becker 19. Februar 2024
    herausragendes Zeugnis der sakralen Spätromantik, als gut erhaltenes protestantisches Gegenstück zur verlorenen Ausstattung der Allerheiligen Hofkirche der Münchner Residenz besonders wichtig. Glückwunsch zur "Wiedererweckung"! Man muss dankbar sein, dass nicht mehr zerstört worden ist, bedenkt man die Verachtung der Kunst dieser Zeit in den Nachkriegsjahrzehnten.

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