Ein Hangriss im Tiefurter Schlosspark zeigt: Selbst historische Landschaftsgärten bleiben nicht von den Auswirkungen des Klimawandels verschont.
Im Mai 2023 machten die Mitarbeiter*innen der Gartenabteilung im Tiefurter Schlosspark eine weitreichende Entdeckung: Risse in den Wegen am Hang zur Ilm. Als Vorsichtsmaßnahme wurde der Abschnitt gesperrt, da ein Hangrutsch zu befürchten war. Um die Situation eingehend zu untersuchen, wurde der Hang genau vermessen und der Untergrund mit Bohr- und Rammsonden geprüft. Die Ergebnisse aus dem Labor und der Standsicherheitsberechnungen bestätigten den Befund: Der Hangbereich war nicht mehr stabil.
Das Gutachten identifiziert als eine der Hauptursachen die massive Austrocknung des Bodens, vermutlich aufgrund der zunehmenden Trockenheitsperioden, die sich in den vergangenen Sommern und Jahren bemerkbar gemacht hatten. Besonders problematisch war, dass die Risse genau im am stärksten geneigten Teil des Hangs auftraten, was einen Eingriff unvermeidlich machte.
Klimawandel in der historischen Parkanlage
Der betroffene Bereich stellt einen der steilsten Abschnitte im „Lohhölzgen“ dar, wie der mit Wiesen, Baum- und Gehölzgruppen sowie Parkarchitekturen bestandene Hang ehemals genannt wurde. Der Prallhang an der Ilm verleiht dem Park seine charakteristische Form. Der Abschnitt zählt zu den ältesten Teilen des Tiefurter Landschaftsgartens und ist damit ein bedeutender Bestandteil der UNESCO-Weltkulturerbestätte Klassisches Weimar. Hier lassen sich die gartengestalterischen Tätigkeiten von Anna Amalia, dem Prinzenerzieher Carl Ludwig von Knebel sowie den Gartenkünstlern Hermann Fürst von Pückler-Muskau und Carl Eduard Petzold nachvollziehen.
In der langen Geschichte der Parkanlage sind Hangrutsche bereits mehrfach dokumentiert, beispielsweise 1837 oder 1882. In den letzten Jahren nahmen die Schäden jedoch zu, vor allem an der charakteristischen Vegetation, aber auch am Terrain und den Wegen. Im Gegensatz zu früher ist nicht mehr viel Niederschlag in zu kurzer Zeit die Ursache, sondern zu wenig. Lange Trockenzeiten, absinkendende Grundwasserstände, durchtrocknendes Erdreich, vermehrte Schäden an großen Bäumen, aber auch Überschwemmungen – all das zeigt, dass auch die geschützten Gärten und Parkanlagen der Klassik Stiftung Weimar nicht vor den Auswirkungen des Klimawandels gefeit sind.
Welche Maßnahmen werden ergriffen?
Die Mitarbeiter*innen der Gartenabteilung reagieren mit verschiedenen Maßnahmen auf den Klimawandel, beispielsweise mit veränderter Pflege und der gezielten Förderung von sogenannten Zukunftsbäumen in stark gefährdeten Bereichen. Nun stellte sich also die Frage, wie mit dem betroffenen Hang angemessen umzugehen sei. Erinnerungen an den letzten großen Hangrutsch an einer benachbarten Stelle wurden wach, der bereits im Jahr 1997 zu einer Sanierung führte. Von den Maßnahmen ist heute kaum noch etwas zu sehen. Seinerzeit wurde mit der umfangreichen Methode „erdbautechnischer Neuaufbau“ der Hang bis auf die tragenden Bodenschichten abgetragen und anschließend standsicher wiederaufgebaut.
Auch im letzten Jahr wurden mehrere Optionen für den Hang erwogen, wobei der Schutz und die Erhaltung der Gestaltungselemente des Parks oberste Priorität hatten. In mehreren Varianten untersuchten Geotechniker etwa den Bau von Stützmauern. Die bevorzugte Lösung bestand letztlich aus einer Bodenvernagelung mit etlichen, mehrere Meter langen vermörtelten Stahlnägeln in Kombination mit einem begrünbaren Drahtgeflecht, welche insbesondere die rutschgefährdeten Schichten an Ort und Stelle halten soll. Diese Variante befindet sich seit März 2024 in Umsetzung. Durch die Maßnahmen können Um- und Neubauten am Hangbereich und dem angrenzenden Ilmufer sowie umfangreiche Erdtransporte durch den Park vermieden werden. Die Standsicherheit wird mit moderaten Eingriffen wiederhergestellt und der Hang wird in seiner Form, mit den vorhandenen Wegen und einigen Gehölzgruppen, erhalten bleiben, auch wenn der Bewuchs in großen Teilen zugunsten des Bestandserhalts gerodet werden musste. Auch wichen im Vorfeld zwei schiefstehende Altbäume. Das Risiko für den Hangbereich, die Baumaßnahmen und die Besucher*innen war zu groß.
Die Gärtnerinnen und Gärtner des Bereichs Tiefurt hatten zuvor auch umfangreiche Gehölzarbeiten am Hang durchgeführt. Ziel war es einerseits, durch den Rückschnitt die historisch belegten Bestandteile der vorhandenen Vegetation (wie z.B. Weißdorn-Sorten) zu erhalten, andererseits, die wertvollen und zukunftsträchtigen Teile des natürlich nachwachsenden Gehölzaufwuchses zu fördern. Das Wurzelwerk trägt dazu bei, den steilen Hang zu stabilisieren. Damit kommen neben den lokalen technischen und kostenintensiven auch natürliche Maßnahmen und parkpflegerische Methoden zum Einsatz. Ein schmerzlicher Fakt ist, dass der Boden im betroffenen Bereich – und vermutlich nicht nur dort – bis in mehrere Meter sehr trocken ist. Die Vegetation und die Pflege wird darauf reagieren müssen, so wie wir uns alle mit den Folgen des Klimawandels auseinandersetzen müssen.





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