FSJler*innen berichten

Freimaurer, Mandeltorte & Kaffeeküchlein

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Kann man Rezepte aus der Goethezeit nachbacken? Die FSJler*innen Lena Rust und Elisa Gottschling haben es ausprobiert und dabei ein eigenes Backbuch erstellt.

„Was hat Backen mit Kultur zu tun? Genau diese Frage stellte sich uns, als uns die Idee eines Backbuchs mit Rezepten aus alten Kochbüchern von unserer Mentorin vorgeschlagen wurde. Noch dazu hatten wir wenig Erfahrungen im Backen und waren dementsprechend etwas unsicher. Doch die Herausforderung, etwas Neues auszuprobieren und uns auf die Suche nach alten Back- und Kochbüchern zu begeben, überzeugte uns schließlich, sich näher mit dem Thema zu befassen. Und schnell stellten wir fest, dass es mehr zu entdecken gab, als wir anfangs gedacht hätten.“

So lauten die ersten Zeilen unseres Backbuchs Recepte für Caffee- und Theegebäcke aus Goethes Zeit, das wir in unserem Freiwilligen Kulturellen Jahr (2020/21) an der Herzogin Anna Amalia Bibliothek als unser eigenständiges Projekt fertiggestellt haben. Um sich den Weg von der Idee bis hin zu dem fertigen Buch besser vorstellen zu können, beginnen wir ganz am Anfang unserer Recherche.

Historische Rezeptbücher in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek

Zuerst stöberten wir in der Bibliothek nach alten Rezeptbüchern. Wir waren erstaunt, wie viele wir finden konnten. Da es unmöglich gewesen wäre, die gesamte Menge in einem einzigen Buch unterzubringen, fokussierten wir uns auf bestimmte Merkmale. Zum Beispiel konzentrierten wir uns auf Backbücher, die Rezepte von bekannten historischen Persönlichkeiten enthalten. So haben wir in unserem Backbuch Rezepte aus Kochbüchern wie zum Beispiel dem von Johanna Wilhelmine Cotta oder dem von Schillers Schwiegermutter Louise von Lengefeld sowie aus einer Rezeptsammlung des Hofkochs von Herzogin Anna Amalia, François le Goullon, zusammengestellt.

Und wir wählten Rezepte, die sich mit heutigen Zutaten gut nachbacken lassen oder solche, die uns mehr über die damalige Backpraxis verraten. Zum Beispiel wie man ohne Backpulver backen konnte oder dass man Zucker erst zerstoßen musste, da er früher als Zuckerhut gelagert wurde. Außerdem war uns wichtig, Abdrucke der historischen Schriften einzubringen, um einen bestmöglichen Einblick in die damalige Zeit geben zu können.

Loth, Neuloth und Nösel – Vor dem Backen kommt das Umrechnen

Als wir unsere endgültige Rezeptauswahl getroffen hatten, konnte es mit dem Nachbacken losgehen. Am Anfang war es gar nicht so einfach, mit den alten Maßangaben wie Loth (15 Gramm) und Nösel (ca. 0,5 Liter) klarzukommen, aber es dauerte nicht lange, bis wir den Dreh raushatten. Um das Nachbacken der Rezepte zu erleichtern, passten wir die alten Anleitungen an heutige Maßangaben und Zutaten an. Dafür haben wir mehrere Kochbücher verwendet, um die Rezepte so originalgetreu wie möglich zu halten. Wir waren erstaunt, wie gut sich die Rezepte nachbacken ließen und wie lecker die Kuchen, Plätzchen und anderen Süßspeisen waren.

„Am Anfang war es nicht einfach, mit den alten Maßangaben wie Loth und Nösel klarzukommen, aber es dauerte nicht lange, bis wir den Dreh raushatten“

Die Buchgestaltung

Im nächsten Schritt kümmerten wir uns um die Gestaltung unseres Buchs. Beim Zusammenführen aller Vorlagen führte eine Idee zur nächsten. Nach und nach entwickelte sich aus dem Anfangsgedanken eine Sammlung von Illustrationen der Gebäcke mit dazu passenden Gedichten, wissenswerten Zusatzinformationen und natürlich den in altdeutscher Schrift geschriebenen Rezepten mit deren Transkriptionen, sodass auch wir es heute lesen können. Es war schön, so ein klares Bild vor Augen zu haben, jedoch war die praktische Umsetzung des Buchs einer der zeitaufwändigsten Schritte unseres Projekts.

„Kaffeeküchlein“, „Mandeltorte“ und „Schneeballen“ – Eigene Illustrationen ergänzen das Backbuch.

Dabei gab es nämlich eine Menge zu beachten und wir waren froh über das hilfsbereite Team in der Buchbinderei der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, das uns mit Rat und Tat unterstützte. Mit dieser Hilfe konnten wir den Druckprozess und die komplette Herstellung der Buchexemplare durchführen: Vom Binden des Buchblocks, dem Zusammensetzen der Buchdeckel, der Auswahl der richtigen Maße des Buches bis hin zu einer eigenen Einfärbung des Covers wurde alles ermöglicht.

Einblick in die Buchbinderei - Die FSJler*innen Lena Rust und Elisa Gottschling haben den gesamten Druckprozess und die Herstellung ihrer Backbücher begleitet.

Als das Projekt fertig war, konnten Besucher und Besucherinnen der Herzogin Anna Amalia Bibliothek unser Backbuch zusammen mit ergänzenden Texten, Bildern und Zeichnungen in einer Vitrine anschauen und sogar in einem ausgestellten Exemplar durch die Seiten blättern.

Vielleicht haben sie dabei das berühmte Rezept der Mandelbrötlein, auch bekannt als Brenten, entdeckt. Brenten waren Goethes Lieblingsgebäck. Seine Mutter hat sie immer bei einer ganz bestimmten Bäckerei in Frankfurt besorgt und sie ihm als kleines Andenken an Zuhause nach Weimar geschickt. Ein Rezept von Goethes Großmutter ist samt Abdruck der Originalschrift in unserem Buch zu finden. Ein Gebäck, welches mit der Familie Schillers in Verbindung gebracht wird, ist der Carlsbader-Strudel. Dieses Rezept kommt von keiner Geringeren als Schillers Schwiegermutter. Verrückt, dass wir heute auch noch einmal diese Gebäcke verkosten können, oder?

Ein neues Backbuch in den Sammlungen der Bibliothek

Besonders gefreut hat uns, dass unser Buch einen eigenen Katalogeintrag erhalten hat und in der Herzogin Anna Amalia Bibliothek ausleihbar ist. Außerdem wurde ein Interview von uns auf Instagram gepostet, in dem wir noch mehr spannende Informationen über unser Projekt verraten. Mit der Vorbereitung, Planung und Durchführung unseres Projektes konnten wir nicht nur eine Menge neuer Erfahrungen sammeln, sondern hoffentlich auch anderen einen Einblick in die Entstehungszeit der Rezepte geben. Was gab es für Zutaten? In welchen Mengen wurde gebacken? Und was waren die liebsten Rezepte der Leute?

3 Kommentare

  • Nadine 15. Dezember 2022
    Sehr schöne Idee, wo kann man das Buch kaufen bzw. einsehen? Es wäre ja zu schade bei all der Arbeit und Mühe wenn es nur bei einem Bibliotheksexemplar bliebe. Bitte um breite Veröffentlichung :)!
  • Sandro Daniel Thiele 16. Dezember 2022
    Ein absolut spannendes Thema. Was mich bedrückt ist, dass es nur ein ausleihbares Exemplar davon gibt. Gerne möchte ich ein Buch davon kaufen oder als PDF nutzen, denn ich wohne nicht in Weimar (nicht mal ansatzweise in der Nähe). Glauben Sie, dass es irgendeine Möglichkeit gibt, dass man dieses Buch in etwas größerer Stückzahl druckt? Ich bin sogar bereit eine Anzahlung zu leisten um ein Exemplar davon zu erhalten.
    • Rebecca 30. Januar 2023
      Ich schließe mich vollumfänglich an. So ein tolles Buch muss es auch zu kaufen geben. Ich würde auch jederzeit etwas abzählen.

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