© Jacob Schröter
Jahresempfang 2025

Die Rede von Kulturminister Christian Tischner

Die Rede des Vorsitzenden des Stiftungsrates der Klassik Stiftung Weimar und Thüringer Minister für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Christian Tischner zum Jahresempfang der Klassik Stiftung Weimar 2025 – jetzt lesen!

*** Es gilt das gesprochene Wort ***

Sehr geehrte Frau Stiftungspräsidentin Dr. Lorenz,
sehr geehrter Herr Präsident des Verfassungsgerichts v. d. Weiden,
sehr geehrter Herr Vizepräsident des TLT Quasebarth, 
sehr geehrte Mitglieder des Stiftungsrates,
sehr geehrte Vertreter der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM),
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Kleine, liebe Stadträte,
liebe Kolleginnen und Kollegen, Förderer und Freunde aus Kultur, Bildung, Medien und Gesellschaft!

Es ist mir eine besondere Ehre, Sie heute hier zu begrüßen. Und es ist mir eine besondere Freude, hier im beeindruckenden Bücherkubus, dem Studienzentrum der Herzogin Anna Amalia Bibliothek, zu Ihnen erstmals als Thüringer Kulturminister sprechen zu dürfen.
Ja – und um es gleich zu Beginn zu sagen, sehr gern spreche ich auch als Vorsitzender des Stiftungsrates heute Abend zu Ihnen. Und trotz der zeitgleich laufenden Plenarsitzung des Thüringer Landtages ist es mir ein großes Anliegen gewesen, heute zu Ihnen nach Weimar zu kommen und mich persönlich Ihnen vorzustellen und die Bedeutung der Klassik Stiftung Weimar für die Kulturpolitik der neuen Landesregierung zu unterstreichen.

Von Haus aus bin ich Lehrer für Geschichte – ich habe meine beiden Staatsexamina in Jena und Halle erworben, und engagierte mich seit vielen Jahren in und für die Kulturpolitik meiner Heimatregion, dem Vogtland. So war ich über 12 Jahre Vorsitzender des Kulturausschusses meiner Heimatstadt Greiz – Kenner wissen, Greiz wird auch Klein Salzburg genannt –, und ich war viele Jahre Beiratsvorsitzender der Vogtland Philharmonie. 

Als jemand, der in einer der Thüringer Residenzstädte aufgewachsen ist – und nach beruflichen Tätigkeiten an den Universitäten Jena, Bremen und Passau – nun auch wieder dort leben darf, weiß ich um die Vielfalt und damit auch Schönheit der breiten Thüringer Geschichte, die in den Residenzen eng mit Kultur, Kunst und damit Lebensqualität verbunden ist. Früh bin ich geprägt worden durch die kulturellen und historischen Schönheiten meiner Heimatstadt, durch die vielfältigen Kulturangebote in Thüringen – die auch die kleinsten Städte lebenswert machen.

In diesem Sinne bin ich davon überzeugt, dass unsere Geschichte und unser kulturelles Erbe nicht nur ein Rückblick, sondern eine zentrale Grundlage für unsere Zukunft sind.
Und ich bin dankbar, dass diese Überzeugung sich auch in den kulturpolitischen Zielen der neuen Landesregierung widerspiegelt.

Thüringen ist ein Land mit einer einzigartigen kulturellen Vielfalt. Unser kulturelles Erbe umfasst die Landschaft der ehemaligen Residenzen, Gedenkstätten, Theater, Museen, Kirchen, der Reformation, die Traditionen der jüdischen Landesgemeinde sowie vieler weiterer Religionsgemeinschaften.

Dieses Erbe bildet eine wichtige Grundlage unserer Identität – es zu bewahren und zugleich für eine breite Öffentlichkeit lebendig und zugänglich zu machen, ist unser gemeinsamer Auftrag.

Und wo passt diese Festlegung besser als hier in Weimar.

Weimar – dieser Name klingt nicht nur wie ein Versprechen, sondern es ist auch eine Verpflichtung.

Er ist Synonym für Aufklärung, für geistige Tiefe, für Humanismus. Es ist der Name einer Stadt, in der Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller, Herzogin Anna Amalia und Franz Liszt, Friedrich Nietzsche und Walter Gropius zu Hause waren – oder zumindest einen prägenden Teil ihrer Biographie erlebten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Und doch wirft ein Kapitel der Geschichte einen langen Schatten über diesen Ort: die Nähe zum Konzentrationslager Buchenwald, das vor 80 Jahren, am 11. April 1945, von den alliierten Streitkräften befreit wurde. Die Befreiung von Buchenwald steht in diesem Jahr im Fokus unseres Gedenkens. Sie erinnert uns an das unaussprechliche Leid, das an diesem Ort geschah – in Sichtweite des Hauses, in dem Goethe seine „Faust“-Verse schrieb und über die Würde des Menschen reflektierte.

Der Kontrast zwischen der humanistischen Blüte der Weimarer Klassik und den Gräueltaten des Nationalsozialismus ist schwer zu ertragen, aber er muss ausgehalten werden.

Weimar mahnt uns, dass kulturelle Errungenschaften kein Garant für eine moralisch gefestigte Gesellschaft sind. Der Missbrauch von Macht, die Entmenschlichung und die Barbarei, die hier und an so vielen anderen Orten des Landes stattfanden, zeigen, wie dünn die Schicht der Zivilisation sein kann. Und wie wichtig es ist, Humanismus zu stärken.

Die Klassik Stiftung Weimar leistet hierzu einen unermesslich wichtigen Beitrag. Sie verbindet das kulturelle Erbe der Aufklärung mit der kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte. Sie zeigt, dass es nicht genügt, die Werke Goethes und Schillers zu feiern, sondern dass wir auch fragen müssen, was diese Werke uns heute zu sagen haben. Ihre Aufgabe ist es, uns an unsere Verantwortung zu erinnern – eine Verantwortung, die aus unserer Geschichte erwächst und die unser Handeln für die Zukunft prägen muss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Zurecht ist die Klassik Stiftung Weimar die zweitgrößten Kulturstiftung Deutschlands und einer der bedeutendsten Akteure in der Bewahrung und Vermittlung eines besonderen kulturellen Erbes – von der Weimarer Klassik über die Bauhaus-Moderne bis hin zu den historischen Parklandschaften und UNESCO-Welterbestätten.

Goethe drückt diese Verantwortung treffend aus, wenn er in seinem Faust schreibt:

„Das ist der Weisheit letzter Schluss:

Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,

Der täglich sie erobern muss.“

Diese Worte, die ich mir passend zum diesjährigen Themenjahr der Stiftung „FAUST“ in Erinnerung gerufen habe, könnten auch als ein Leitmotiv für unser Regierungshandeln stehen. Die neue Landesregierung hat sich in ihr Pflichtenheft die dauerhafte Absicherung der Finanzierung der Klassik Stiftung Weimar auf hohem Niveau geschrieben. Und wir werden uns auch künftig für die Fortführung und Erweiterung des Bundesprogramms zur Erhaltung der Thüringer Schlösserlandschaft einsetzen.

Ein weiterer Schwerpunkt unserer Kulturpolitik ist die Verbindung von Tradition und Innovation. Neben der Bewahrung des historischen Erbes setzen wir auf die Innovationskraft der zeitgenössischen Kunst und Kultur. Die Klassik Stiftung Weimar lebt diese Verbindung: Durch ihre Bildungsarbeit, die Zusammenarbeit mit Schulen und die Entwicklung moderner Formate schafft sie Räume für Kreativität und kritisches Denken.

Goethe formulierte dazu treffend:

„Was glänzt, ist für den Augenblick geboren,

Das Echte bleibt der Nachwelt unverloren.“

Die Stiftung trägt in besonderem Maße dafür Sorge, dass das „Echte“ – die Ideen des Humanismus, die Lehren aus der Geschichte und die Inspiration durch Kunst und Kultur – nicht nur bewahrt, sondern lebendig an zukünftige Generationen weitergegeben wird.

Darüber hinaus setzen wir uns als Thüringer Landesregierung dafür ein, auch die Zukunft weiterer Kulturinstitutionen im Freistaat zu sichern, darunter die Friedenstein Stiftung Gotha, das Lindenau-Museum Altenburg und die Wartburg-Stiftung. Jede dieser herausragenden Einrichtungen trägt dazu bei, Thüringen als Kultur- und Bildungsstandort von internationaler Strahlkraft zu stärken.

Im Koalitionsvertrag haben wir die Kultur neben der Kulturwirtschaft und dem Kulturtourismus als wesentlichen Bestandteil der wirtschaftlichen Wertschöpfungskette in Thüringen verankert.

Wir wollen ein neues Leitbild „Grünes Herz Deutschlands“ entwickeln, das Thüringens natürliche und kulturelle Vielfalt betont und in eine Dachmarkenstrategie einbindet.
Gleichzeitig ist und bleibt die Kultur ein essenzieller Beitrag zur Demokratiebildung.
Ihre Einrichtungen, Verbände und Vereine leisten einen unverzichtbaren Dienst für die gesellschaftliche Resilienz und den Zusammenhalt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Das finanzielle Erbe, das die neue Thüringer Landesregierung angetreten ist, ist ein sehr, sehr schweres. Die derzeitige wirtschaftliche Situation tut ihr Übriges. Aber gerade auch in Zeiten höchst angespannter Haushaltslagen bei Bund, Ländern und Kommunen muss es unser Ziel bleiben, die Absicherung der Kulturangebote durch angemessene Zuwendungen breit und vielfältig zu unterstützen. Es wird schwieriger werden, das wissen wir alle, die Verantwortung in den einzelnen Bereichen tragen. Doch für die finanzielle Sicherheit der Klassik Stiftung Weimar setze ich auch auf die bewährte Partnerschaft mit dem Bund. Wir blicken auf die kommende Bundestagswahl und hoffen, dass die neue Bundesregierung weiterhin die nationale Bedeutung der Klassik Stiftung Weimar anerkennt und den bisherigen finanziellen Verpflichtungen nachkommt. Die Kultur im Freistaat konnte sich der Unterstützung des Bundes stets sicher sein, und dafür möchte ich ausdrücklich danken. Gleichwohl werde ich nach der Regierungsbildung beim Bund das Gespräch mit der oder dem Bundesbeauftragten für Kultur und Medien suchen, um rechtzeitig Verhandlungen über eine Fortführung der gemeinsamen Finanzierung der KSW aufzunehmen, die 2026 bekanntlich ausläuft. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, eine langfristige und auskömmliche finanzielle Grundlage für die Klassik Stiftung Weimar zu sichern, damit die Stiftung ihre zentrale Rolle für Weimar, für den Freistaat und darüber hinaus nachhaltig ausfüllen kann. Natürlich, liebe Frau Dr. Lorenz, sollten und werden wir auch im Stiftungsrat gemeinsam darüber nachdenken, wie wir die Verwaltungsverfahren beschleunigen können. Genehmigungs- und Bewilligungsprozesse dürfen bei großen Bauvorhaben wie den Ihren nicht zum Hemmnis werden. Hier gilt es, pragmatische Lösungen zu finden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Das enge Zusammenwirken der Bereiche Bildung, Wissenschaft und Kultur innerhalb meines Ministeriums kann und wird der Klassik Stiftung Weimar neue Synergien eröffnen. Die Verbindung von kulturellen Vermittlungsformaten mit neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und innovativen Bildungsansätzen schafft neue Möglichkeiten, das reichhaltige Erbe der Weimarer Klassik und der Bauhaus-Moderne lebendig und zukunftsorientiert zu vermitteln.

Die Veränderung in der Ressortzuständigkeit der Landesregierung führt dazu, dass ich als Ihr Kulturminister nun nicht mehr Chef der Staatskanzlei bin, sondern die weiteren Bereiche Wissenschaft, Forschung und Bildung mitverantworte. Die Synergien aus diesem Vierklang liegen für die Klassik Stiftung Weimar auf der Hand. Ihre erfolgreiche Kooperation mit der Friedrich-Schiller-Universität, Ihre führende Rolle in der Provenienzforschung und die Verbindung zwischen Schule und Kultur durch kulturelle Bildung zeigen, wie ideal Kultur in ein Fachressort integriert ist.

Diese Synergien stärken die Möglichkeit, gesellschaftlich relevante Themen wie Demokratiebildung, Diversität und Nachhaltigkeit in die Arbeit der Stiftung einzubinden.
Sie tragen dazu bei, Weimar nicht nur als historischen Ort zu bewahren, sondern als lebendigen Raum für Bildung, Forschung und kulturellen Austausch zu gestalten – einen Ort, der Menschen aus aller Welt inspiriert und begeistert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Ich freue mich darauf, gemeinsam mit dem Stiftungsrat die Stiftung und ihre Mission weiterzuentwickeln – im Geiste einer offenen, demokratischen, pluralen Gesellschaft, die auf einer lebendigen und vielfältigen Kulturszene aufbaut. Kultur und Kulturschaffende stiften Identität und schaffen Gemeinschaft – selbst über Unterschiede hinweg. In einer Zeit, in der die Polarisierungen zunehmen, Anstand und Respekt scheinbar und offensichtlich verloren gehen, in dem Trennendes oft lauter ist als Verbindendes, wird uns diese Rolle der Kultur besonders bewusst.

Lassen Sie uns in diesem Sinne zusammen für eine Kultur arbeiten, die verbindet, inspiriert und neue Perspektiven eröffnet.

„Was du ererbt von deinen Vätern hast, 

Erwirb es, um es zu besitzen.“

Mit diesen Worten wünsche ich Ihnen einen inspirierenden Abend. Ich freue mich auf anregende Gespräche, viele neue Informationen und ein erstes gegenseitiges Kennenlernen für den weiteren gemeinsamen Austausch.

Vielen herzlichen Dank!

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Aus unserem Blog

Vorhaben der Klassik Stiftung Weimar werden gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Freistaat Thüringen, vertreten durch die Staatskanzlei Thüringen, Abteilung Kultur und Kunst.