Neuerwerbung

Kleiner Klee – große Freude

von
/

Seit 2019 können Besucher*innen im neu eröffneten Bauhaus-Museum Paul Klees Garten in der Ebene II (mit dem Gartenhäuschen) besichtigen. Das kleine Gemälde wurde zunächst als Dauerleihgabe überlassen, nun hat es die Stiftung erworben. Kunsthistorikerin Ute Ackermann über die Bedeutung des Ankaufs.

Seit 2019 hängt im damals neu eröffneten Bauhaus-Museum Weimar Paul Klees Garten in der Ebene II (mit dem Gartenhäuschen) von 1920. Das kleine Gemälde des berühmten Bauhaus-Künstlers wurde uns zunächst als Dauerleihgabe überlassen. Schon seit 2015 wünschten wir uns, dieses Meisterwerk der Moderne dauerhaft in unsere Sammlung aufnehmen zu können. Doch Ankäufe auf dem Kunstmarkt sind für öffentliche Museen beinahe unmöglich. Insbesondere die Werke der Moderne erzielen so hohe Preise, dass kaum Chancen auf Erwerbungen bestehen. Es ist bitter für alle, die Kunst und Museen lieben, wenn Meisterwerke zu Investitionsobjekten werden und kein öffentliches Publikum sich mehr an ihnen erfreuen kann.

So gleicht es umso mehr einem Wunder, wenn private Sammler*innen von der Maximierung ihrer Verkaufserlöse absehen und, in der Absicht, Werke einer großen Öffentlichkeit zugänglich zu machen, auf beträchtliche Teile ihres möglichen finanziellen Gewinns verzichten. 2015 erreichte die Direktion Museen der Klassik Stiftung Weimar ein unglaubliches Angebot, als ein privater Sammler aus Berlin Klees Garten in der Ebene II (mit dem Gartenhäuschen) der Klassik Stiftung Weimar zum Kauf anbot. Seine finanziellen Erwartungen lagen weit unter den auf dem freien Markt erzielbaren Preisen. Nun war Geduld gefragt, denn der Sammler war bereit, das Angebot so lange aufrecht zu erhalten, bis der notwendige Kaufbetrag beschafft worden war. Bereits während dieser Zeit durften wir das Gemälde im Bauhaus-Museum präsentieren.

Paul Klee, Garten in der Ebene II (mit dem Gartenhäuschen), 1920, Foto: Klassik Stiftung Weimar

Dennoch war es ein unglaublicher Kraftakt, die Kaufsumme zu beschaffen. Mit großem persönlichem Engagement konnten in zahlreichen Gesprächen großzügige Partner von der Qualität des Gemäldes und seiner wichtigen Bedeutung für die Bauhaus-Sammlung überzeugt werden. Es gelang, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, die Staatskanzlei Thüringen und die Rudolf-August-Oetker-Stiftung als Donatoren für den Ankauf zu gewinnen. Mit Hilfe des Freundeskreis Bauhaus.Weimar.Moderne Die Kunstfreunde e.V. wurden weitere beträchtliche Einzelspenden eingeworben, sodass der Ankauf schließlich 2022 getätigt werden konnte. Allen, die uns bei dieser Erwerbung unterstütz haben, gilt unser herzlicher Dank.

Wir sind glücklich, dem liebgewordenen Gast Garten in der Ebene II (mit dem Gartenhäuschen) nun einen ständigen Wohnsitz in Weimar gewähren und es auch weiterhin als Sammlungshöhepunkt im Bauhaus-Museum präsentieren zu können.

Paul Klee malte Garten in der Ebene II (mit dem Gartenhäuschen) 1920, im Jahr seiner Berufung an das Weimarer Bauhaus. Auch mit anderen Arbeiten aus dieser Zeit, wie Hügelgelände mit Baum- und Blumenrhythmen; Kamel (in rythm. Baumlandschaft) und Rosengarten, widmete er sich dem Landschafts- und Gartenthema, das er sein Leben lang verfolgte. Für den Bauhaus-Meister hatte die Natur eine große Bedeutung. In München wie in Weimar gehörten Park- und Gartenlandschaften zu seinem unmittelbaren Lebensumfeld. Klees täglicher Arbeitsweg von seiner Wohnung Am Horn zum Bauhaus führte ihn durch den Park an der Ilm, vorbei an Goethes Gartenhaus, auf das der Titel wohl anspielt. Auch sein Sohn Felix, der bereits im Alter von vierzehn Jahren seine Lehre im Bauhaus begonnen hatte, nahm täglich diesen Weg. Im frischgefallenen Schnee hinterließen sich Vater und Sohn gekritzelte Geheimbotschaften.

Die Naturanschauung war für Klee Weltanschauung und Grundlage für den künstlerischen Schaffensprozess, wie er in seinem Aufsatz Wege des Naturstudiums von 1923 darlegte. Der Bildtitel Garten in der Ebene II lässt vermuten, dass dieses Gemälde Teil einer Serie ist, der zumindest eine weitere Arbeit angehört. Tatsächlich ist im Catalogue rainsonné Paul Klee ein Gemälde Garten in der Ebene I ebenfalls aus dem Jahr 1920 verzeichnet.

[1] Paul Klee, Garten in der Ebene I, 1920, © Stiftung Sammlung Ziegler *

[2] Paul Klee, Garten in der Ebene II (mit dem Gartenhäuschen), 1920, Foto: Klassik Stiftung Weimar

Beide Arbeiten gehören auf ungewöhnliche Weise zusammen, denn neben Pinsel und Stift handhabte der Künstler meisterhaft Schere und Messer als künstlerische Werkzeuge. Mittels Teilung einiger Werke erweiterte Klee sein Œvre – sogar nachhaltig: keinerlei Abfall in Form von Verschnitt entstand. Hinter diesem Vorgehen stand nicht die Absicht, den Umfang des Gesamtwerkes und somit etwaige Verkaufserlöse zu steigern. Klee nutzte die Teilung allein als kompositorisches Mittel. So bildeten die Gemälde Garten in der Ebene I und Garten in der Ebene II (mit dem Gartenhäuschen) zunächst eine größere Arbeit, die Klee auseinanderschnitt und zu zwei eigenständigen Kompositionen verarbeitete. Obwohl die Einzelstücke nun recht bescheidene Maße haben, erfuhren ihre Bildwirkungen im Vergleich zur ersten Version eine enorme Steigerung. Die Virtuosität, mit welcher Klee das Verfahren der Teilung betrieb, ist eine absolute Besonderheit in seinem Werk und erreichte in seiner Ölmalerei um 1920/21 ihren Höhepunkt.

Neben den Werken der anderen Bauhaus-Meister, wie Lyonel Feininger und Georg Muche, wird Paul Klees Garten in der Ebene II (mit dem Gartenhäuschen) nun dauerhaft im Bauhaus-Museum Weimar gezeigt und stellt ein Highlight der Sammlung dar. Zusammen mit seinem Gemälde Wasserpark im Herbst von 1926, Klees Abschiedsbild von Weimar, umfasst es die frühen Bauhaus-Jahre des Künstlers.

Paul Klee, Wasserpark im Herbst, 1926, Foto: Klassik Stiftung Weimar

Die Kunstsammlungen zu Weimar haben 1937 durch die Beschlagnahme der Werke der Klassischen Moderne im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ schmerzliche Verluste erlitten. Auch die Gemälde der Bauhaus-Künstler fielen dieser Aktion zum Opfer. Mit Neuerwerbungen wie Klees Werk Garten in der Ebene II (mit dem Gartenhäuschen) können diese Lücken mit sehr großem Aufwand und Engagement nach und nach geschlossen werden.

 
* Wir danken der Stiftung Sammlung Ziegler für die Abbildung von Paul Klees Garten in der Ebene I

Neuen Kommentar schreiben

* Diese Felder sind erforderlich

Aus unserem Blog

Vorhaben der Klassik Stiftung Weimar werden gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und den Freistaat Thüringen, vertreten durch die Staatskanzlei Thüringen, Abteilung Kultur und Kunst.